Alexander Köstler sen.                               Auszüge  aus  meinen      Gedichtsbänden       

Mein Leitgedanke: "Es hat alles seinen tieferen Sinn"




Zum Nachdenken

4. Inhalt:

1. Im Strom der Zeitl
2. Ein Leben danach
3. Hot spot Fußballtempel
4. Noch heute...wirst du...
5. Heute nicht
6. Der Blinde und der Poet
7. Hommage an die Freunde



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Meine Gedanken zum Karfreitag 2022
"Das große Glück noch klein zu sein
sieht wohl der Mensch als Kind nicht ein....."
So beginnt die Altersballade von W. Busch,
und sie endet bei neunzig. Doch was folgt dann?

Im Strom der Zeit

Ob arm, ob reich, wer es auch ist,
für jeden Mensch gilt eine Frist.
Denn irgendwann geht's nicht mehr weiter,
du stehst ganz oben auf der Leiter,
der letzten Sprosse deines Lebens,
suchst eine weitere vergebens,
und schaust auf diese Welt zurück
mit einem kurzen, letzten Blick.

Da ziehn vorbei nur in Sekunden
die vielen Jahre, Tage, Stunden,
vom dir gelieh'nen Erdenleben.
Das hast du jetzt zurückzugeben,
von allem Irdischen entblößt,
allein die  Seele wird erlöst,
gleichsam einer Transformation
in eine höhere Dimension.

So wie im Kosmos nichts vergeht,
nur Wandel in der Form besteht,
sind wir im Tod auch nicht verloren.
Ein Teil von uns wird neu geboren:
Das geist'ge Wesen sich erhebt
ins unbekannte Sein und strebt
dem Tropfen gleich im Strom der Zeit,
wieder zum Meer der Ewigkeit.

Und dann? Folgt noch ein letzter Akt?
Begreifbar? Oder ganz abstrakt?
Was könnte jenseitig geschehen?
Ich will es bildlich so verstehen:
Gleiches wird sich zu Gleichem finden,
der "Schmutz" in dunkle Tiefen sinken.
Das Reine, Gute strebt zum Licht.
Zum Schöpfer hin? Ich weiß es nicht!

Karfreitag, 15.4.22    A.K.
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Meine Gedanken an Pfingsten 2022
Eine Allegorie


Ein Leben danach

Ein Zwillingspaar im Mutterschoß
dem ging's um eine Frage bloß:
"Gibt es nach der Geburt ein Leben?"
Darüber wollten beide reden.
Dem Realist war völlig klar,
dass die Geburt das Ende war.
Er sah es als erwiesen an,
dass es danach nichts geben kann.

Der and're hielt ihm klar entgegen,
Das Ende verheißt neues Leben.
Denn alles hätte keinen Sinn,
wenn es danach nicht weiter ging.
Wir werden mit den Beinen gehen,
wir werden essen, atmen, sehen,
in einer Welt, die heller ist,
mit ganz viel Platz und nicht so trist."

Und so entstand ein Dialog,
der viele Gegensätze bot:

ZwA:
"Mit dem Mund essen, Unsinn pur,
wofür gibt es die Nabelschnur.
Sie wär jedoch zu kurz beim Gehen,
drum wird das alles nicht geschehen.
Auch in der Luft kann man nicht leben,
wir sind von Flüssigkeit umgeben.
Nach der Geburt ist es vorbei,
Punktum – alles Phantasterei."

ZwB:
"Dir fehlt der Glaube, das Vertrauen,
du willst nicht in die Zukunft schauen.
Die and're Welt und ihr Gesicht,
ich kenn sie so genau auch nicht.
Sie wird unstreitig anders sein,
doch keinesfalls ist man allein.
Wir werden dort die Mutter sehn,
und es wird uns viel besser gehn."

ZwA:
"Wer glaubt an eine Mutter schon,
das ist und bleibt eine Fiktion.
Wo ist sie denn, ich seh sie nicht,
ich hör nicht, dass sie zu uns spricht?
Sie ist mir unbekannt und fremd
und deshalb auch nicht existent.
Wer warf denn jemals einen Blick
in ihre Welt und kam zurück?"

ZwB:
"Ich fühle es, sie ist uns nah,
sie ist um uns, stets für uns da.
Wir leben in ihr und durch sie,
ohne die Mutter gäb's uns nie.
Wir sind für sie ein großes Glück.
Und im ersehnten Augenblick,
wo wir in ihre Welt gelangen,
wird sie voll Liebe uns empfangen."

Zum Schluss:
Ich möchte euch gleichnishaft zeigen,  
der Tod sollte kein Rätsel bleiben.
Vieles kann man besser verstehn,
wird es sinnbildlich angesehn.
Trotz allem bleiben viele Fragen,
weil unsere Sinne schnell versagen,
jenseits der materiellen Welt.
Darauf sind sie nicht eingestellt.

Da hilft nur glauben und vertrauen,
um in die Geisteswelt zu schauen.
Philosophie, Metaphysik,
erlauben einen tief'ren Blick,
prägen unser geistiges Wesen,
bei großen Denkern nachzulesen.
Nach der Geburt? Da folgt das Leben!
Und nach dem Tod?  Das Gleiche eben!
  
A.K. 06.06.22
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"Hot spot" Fußballtempel

Beim Fußballspiel in diesem Jahr:
"Stadt Bergamo – Valencia",
hat man dem Fußballgott gehuldigt,
was Covid19 nicht entschuldigt.
Die Bio-Bombe ging lautlos
mit voller Wucht nach hinten los.
Millionen Menschen, engster Raum,
Abstand zum Andern gab es kaum.
Im Stadion und auf vielen Plätzen
konnt' man sich nah zusammensetzen.
Es wurd' gejubelt und gelacht,
ans Virus hat man nicht gedacht.

Was dann geschah ist grauenvoll,
wie dunkler Mächte böser Groll.
Tiefschwarz zog übles "Wetter" auf,
nahm unaufhaltbar seinen Lauf.
Der Tod kam still und unerkannt,
schnell waren Tausende todkrank,
starben an Atemnot und Fieber.
Der Mensch bleibt halt nicht immer Sieger.
Man dachte, was kann schon passieren,
durch mikroskopisch kleine Viren?!
Wie stets hat man sich überschätzt,
das Virus weltweit freigesetzt.

A.K. 2.4.20


Noch heute ... wirst du...

Ein Duzend Betten, Chaos pur,
auf einem langen Klinik-Flur.
Kaum Personal, wenig Gerät,
die Hilfe kommt oft viel zu spät.
Zum Glück liegt er in einem Raum,
er atmet schwer, Luft kriegt er kaum,
denkt an die Lieben, an daheim,
und würd' so gern bei ihnen sein.
Er fühlt sich einsam, isoliert,
gottlob wird er gleich intubiert.
Da schwirrt ein Wort durch's Hospital,
es heißt: "Triage" – Horror total.

Die Krankenschwester ist sehr nett,
sie richtet fürsorglich sein Bett,
befreit ihn vom Geräteschlauch -
und sieht die Angst. Da weint sie auch.
Denn seine Chance zu überleben,
war laut dem Arzt nicht mehr gegeben.
Ein Telefon liegt schon bereit
zum Abschied in die Ewigkeit.
Die Sonne sinkt in roter Glut,
es ist ganz still, der Kranke ruht,
hört nicht das Röcheln auf dem Flur.
Achtmal schlägt eine Kirchenuhr.

In seinen Raum fällt still herein
des Abends roter Widerschein,
der wie mit Blut die Wand bemalt
und seltsam düster jetzt erstrahlt.
Der Kranke fühlte in der Pein
sich nie im Leben so allein,
spürt, wie die Kräfte langsam schwinden,
sucht irgendwo noch Halt zu finden,
öffnet die Augen, blickt zur Wand
auf eine Stelle unverwandt,
nahm dort ein Kruzifix gewahr,
das er in Kirchen öfter sah.

Ein junger Mann, ans Kreuz geschlagen,
mit Schmerzen, kaum mehr zu ertragen,
hing da, mutter-seelen-allein,
dem Tode nah, in Höllenpein.
Und dessen Blick traf nun den Mann,
der beinah nicht mehr atmen kann,
ein Blick voll Liebe, der bald bricht,
ganz nah kam langsam das Gesicht,
kam immer näher zu ihm her
dich neben ihn war er nunmehr.
Er konnte ihn beinah berühren,
die Ängste des Gequälten spüren.

Er sah ihn voll Erbarmen an.
Das Blut die Stirn herunter rann,
mit Dornen war das Haupt gekrönt,
hilflos der Mensch, dazu verhöhnt.
Und doch war Hoheit ihm verliehen,
der seinen Schergen hat verziehen,
der feierlich herausgehoben,
hinaufgestellt am Kreuz dort oben,
in Höhen menschlich edler Größen,
um jeden von uns zu erlösen,
von einem endlich-irdisch Sein,
in ein geistiges Sein hinein.

Der Kranke schien, beim Anblick dessen,
das eig'ne Leiden zu vergessen.
Bislang, verloren irgendwo,
jetzt machte ihn, was folgte, froh:
Ihm war, als glaubte er zu sehn,
wie seine Liebsten bei ihm steh'n,
unter dem Kreuz auf Golgota,
es war'n die Kinder, Enkel da.
Und ihre Liebe, sie verschmolz,
mit dem Gekreuzigten am Holz.
Mit seiner Liebe im Geleit
empfahl er sich der Ewigkeit
und hörte, jetzt nicht mehr allein:
"Noch heute ... wirst du...bei mir sein."
Und einer sah den andern an,
und ihre Augen brachen dann.

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Die Schwester, die ihn später fand,
an seinem Bett betroffen stand,
sah noch das Leuchten im Gesicht,
wie Freude; Trauer war es nicht.
Sein letzter Blick, bald wurd' ihr klar,
wohin dieser gerichtet war:
Er suchte Gott, den er auch fand,
beim Kruzifix dort an der Wand.
Denn das Mysterium Golgota,
was vor so langer Zeit geschah,
ist nicht von jedem zu begreifen,
hierfür muss eine Seele reifen.
An niemand wird's vorüber geh'n,
ein jeder wird dort einmal stehn.

Zum Karfreitag
A.K. 9.4.2020

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Heute nicht

Im Ruhestand, doch ganz allein,
da führt der Weg sehr oft ins Heim,
und nach des Lebens Schaffenskraft
bleibt nichts, nur die "Gefangenschaft".
Zwar werden alle alten Leut
hier liebevoll und gut betreut,
aber es ist nicht viel geblieben,
von der Familie, all den Lieben,
den guten Freunden, die ein Segen
und wichtig waren hier im Leben.

Herr Schultze, einer der Senioren,
vor neunzig Jahren schon geboren,
ist noch recht flott auf seinen Beinen,
vom Geist her muss man dies verneinen.
Durch seine angenehme Art
bleibt ihm manch strenger Ton erspart,
und in dem Zimmer, schlicht und klein,
lebt er schon Jahre ganz allein.
Oft wird’s um's Herz ihm bang und schwer,
dann flieht in dies Refugium er.

Seit Jahren,  wer kann es verstehn,
wurd kein Besuch bei ihm gesehn.
Nie hat er einen Brief erhalten.
Das Telefon ließ man abschalten.
Doch da gab's dieses Ritual,
tagtäglich, wie schon tausendmal.
Kurz nach dem Frühstück fragt er brav,
wenn er Schwester Ulrike traf:
"Habe ich Post – ach,  bitte schön!
Könnten sie einmal kurz nachsehn."

Die Frage war zwar stets die selbe,
die er der Schwester morgens stellte.
Doch ihre Größe zeigt sich jetzt,
wie sehr sie alte Menschen schätzt,
damit ihnen, trotz Altersbürde,
ein Rest verbleibt von ihrer Würde.
Er war wie immer aufgeregt.
Hat man ihm Post ins Fach gelegt?
Sie lächelte, versprach zu gehen,
um in dem Postfach nachzusehen.

Natürlich war der Schwester klar,
dass da kein Brief zu holen war.
Sie kam nach einem Augenblick
ohne erhofften Brief zurück.
Trotzdem belächelt sie ihn nicht:
"Leider, Herr Schultze, HEUTE NICHT.
Doch machen sie sich keine Sorgen,
wenn heute nicht, dann kommt er
morgen".
Und weil er jetzt so traurig war,
strich sie ihm zärtlich durch sein Haar.

So wie Schwester Ulrike war,
gibt es nicht viele, sie sind rar.

A.K.  1.9.22
Die Namen sind frei erfunden. Aber die Schwester gab
es. Nach elf Jahren Unterbringung in drei Heimen habe
ich nach unzähligen Besuchen bei meiner Mutter tiefe
Einblicke in die  Gegebenheiten der Altenpflege.erhalten.

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Dies sind nicht nur ein paar Frühlings-
gedanken. Es soll auch zeigen, wie viel
mehr ein Reim bewirken und wie viel tiefer
ein Gedicht gehen kann.
Es ist außerdem eine Weiterführung zu
meinem Gedicht "Tränenleer"


Der Blinde und der Poet

Ein Bettler sitzt am Straßenrand
und hält ein Schild in seiner Hand.
Doch alle eilen schnell vorbei,
der Mann ist ihnen einerlei.
Nur einmal hält bei ihm ein Kind,
das liest erschrocken: "Ich bin blind".
Dann schaut es in den Hut hinein.
Ein Cent liegt dort – "einsam" allein.

Nach Stunden bleibt dann jemand stehn,
der Blinde kann ihn zwar nicht sehn,
doch bittet er etwas zu spenden,
der Tag könnte sonst hungrig enden.
Dieser Passant, selbst mittellos,
erklärt, ein Künstler sei er bloß,
ein Dichter, da ist Bares rar,
zu niedrig sei das Honorar.

So im Gespräch entsteht Vertrauen,
beide beginnen aufzutauen,
sprechen vom Schicksal hier im Leben,
von Höhen, Tiefen eines jeden,
und dass man leicht daran zerbricht,
gäb's Glaube, Hoffnung, Liebe nicht.
Sodann meint schließlich der Poet:
"Für eine Chance ist's nie zu spät".

"Gib mir dein Schild, bevor wir scheiden,
ich will darauf noch etwas schreiben."
Bald reicht geändert er's zurück
und wünscht dem Blinden noch viel Glück.
Den Dichter sieht man weitergehn,
er wird den Blinden nie mehr sehn,
obwohl, das sei noch angeführt,
schien man wohl beiderseits gerührt.

Doch schon nach ein paar Augenblicken
hört man die erste Münze klicken.
Noch eine fällt, und immer wieder,
fallen die Geldstücke jetzt nieder.
Und viele von den so Verkannten
sind nun freigiebige Passanten.
Was ist der Grund für diesen Segen,
fragt sich der Bettler fast verlegen?

Und es erscheint erneut das Kind,
staunt, wie viel Münzen es jetzt sind.
Doch weil für Blinde unsichtbar,
fragt er, was rästelhaft ihm war:
"Siehst du ein Schild hier bei mir stehn,
dann lies mal, was ist dort zu sehn?"
Das Kind von einem braven Wesen,
beginnt ihm langsam vorzulesen:

Der Frühling kommt, wie wunderschön!
Ich aber werde ihn nicht sehn.


31.5.22 A.K.
Aus einer kleinen Begebenheit oder
Erzählung ist ein Gedicht geworden.
Es zeigt, dass schon ein kleiner
Reim tiefer geht und die menschliche
Seele besser erreicht.
Ich hoffe, es gefällt euch.


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Eine Hommage an die Freunde

Jahrein, jahraus, die Zeit vergeht.
Dann merkt man auf. Da ist's schon spät.
Die Sonnentage sind verronnen,
der kühle Herbst hat längst begonnen.
Im Jahreslauf wird es bald kalt.
Im Leben heißt das: Man wird alt.

Jetzt gilt's, die Zeit nicht zu vergeuden,
denn auch der Herbst hat seine Freuden.
Noch schöne Stunden wird es geben,
kann man mit Freunden sie erleben,
in einem Kreis, dem man vertraut,
wo jeder auf den andern baut.

 So mancher und nicht selten oft
vergeblich auf die Freundschaft hofft.
Sie ist so wichtig und von Wert,
alleinsein nur den Trübsinn mehrt.
Im Freundeskreis ist man geborgen,
gemeinsam trägt man leichter Sorgen.

Ich nenn es Glück, denn Gott sei Dank,
ein solches Häuflein ich einst fand.
Zwar ist es klein, acht an der Zahl,
doch durchweg eine gute Wahl.
Man passt wohl ganz gut zueinander:
Die ..S.bls, ...T.anns, ...K.ers und ...S.ers.

Acht Leute, jeder ganz speziell
im Auftreten und Naturell,
dazu in vielem sehr verschieden.
Trotzdem sind wir uns treu geblieben,
handeln vernünftig und auch klug.
Auf diesen Pfeilern Freundschaft ruht.

Ein jeder, auch für sich allein,
soll in dem Kreis geborgen sein.
Die Kraft der Gruppe wird ihn tragen,
gerade wenn ihn Sorgen plagen.
Bringt ihn zu Fall des Schicksals Lauf,
der Freundeskreis fängt ihn gern auf.

Schätzt uns'ren Kreis, ist er auch klein,
keiner wird dann alleine sein.
Grad wir in der finalen Phase
bedürfen solch einer "Oase".
Drum hoff ich sehr und wünsche fest,
es bleibt so für des Lebens Rest.

A.K. 08.10.23