Im Kosmos der Gedankenwelten
Es hat alles seinen tieferen Sinn


Inhaltsangabe

1. Die vier Kerzen
2. Der Engelsquerkopf
3. Noch heute ......wirst du...





1. Die vier Kerzen

So wie ein Wort, ein Gedanke, die Welt verändern kann,
so soll das Licht dieser Adventskerzen Segen bringen.


Vier Kerzen brennen mit schwachem Schein.
Da spricht die erste: "Bald seid ihr allein,
kein Frieden wird fortan mit euch sein.
Denn wo mein Licht das Herz erhellt,
ist friedvoll die zerstritt'ne Welt,
weil es verbindet und vereint.
Zum Freund mach ich den ärgsten Feind,
kein Sterben mehr in Kampf und Kriegen.
 
Wo mein Licht strahlt, dort herrscht nur Frieden.

Jedoch der Mensch in Wirklichkeit,
sucht grad das Gegenteil, den Streit.
Millionen flieh'n vor Söldnerhorden,
vor Terroristen, die nur morden.
Hilfslose Kinder, all die Kleinen,
man sieht sie hungern, und sie weinen.
Hört nur, wie dieses bittere Leid,
die Qual über die Erde schreit,
seit jeher schon im Weltenlauf!
Ich kann nicht mehr, ich gebe auf.
Mein Licht, niemand kann es erhalten,
ich werde ausgeh'n und erkalten.
Sodann verging ihr heller Glanz
und sie erlosch endgültig ganz.

Die Zweite, auf die wir jetzt schauen,
leuchtet als Sinnbild für Vertrauen.
Und mutlos hat sie offenbart:
"Ich bin zwar feinfühlig und zart
und von sensibler Sinnesart.
Wird man mein Wesen recht versteh'n,
so können Freundschaften besteh'n,
sich Ehepartner voll vertrauen,
die Kinder auf die Eltern bauen.
Dort wo mein Licht den Geist erhellt,
versteht man sich auf dieser Welt."

Doch drohen Missgunst und der Neid,
mit allem Argwohn im Geleit:
Misstrauen, Zweifel, Eifersucht,
schlägt guten Glauben in die Flucht.
Es herrscht Betrug und nur das Geld,
man braucht mich nicht mehr auf der Welt.
Drum seh ich wirklich keinen Sinn,
dass ich hier auch noch länger bin.
Und es genügte nur ein Hauch,
und sie erlosch am Ende auch.

Die dritte Kerze leuchtet trübe.
"Ich bin die Liebe", sagt sie müde.
Denn ich verzeihe und vergebe,
den Kranken bring ich Trost und Pflege.
Ich bin langmütig und voll Güte,
das Schwache schützend ich behüte.
Alles erduld ich ohne Klagen,
ich opfere mich, ich kann entsagen.
Das Böse trage ich nicht nach,
ich helfe ohne Wenn und Ach.
Such keinen Vorteil, bin bescheiden,
die Demut ist mir stets zu eigen.
Ich halte jeder Bosheit stand.
Doch jetzt bin ich fast ausgebrannt.

Den Menschen bin ich nicht mehr wichtig,
Barmherzigkeit ist null und nichtig.
Wer kümmert sich noch um die Armen,
wen kann ein Flüchtling noch erbarmen?
Wer hilft Verfolgten und Gejagten,
wo sind die Tröster der Verzagten?
Ich seh nur Gier und Egoisten
und die bequemen, satten Christen.
Drum spür ich meine Kräfte schwinden,
mein Licht wird schwach und gleich erblinden.
Dann fühlt ihr bald die kalte Nacht
und die unmenschlich finstre Macht.

Ein Kind erscheint und sieht betrübt,
dass nur ein mattes Lichtlein glüht.
Es war ganz schwach und kaum zu seh'n
und kurz davor auch auszugeh'n.
Da flüstert leis das blasse Licht:
"Ich bin die Hoffnung, Zuversicht.
So lang ich brenne, wenn auch klein,
wird auch ein Funken Hoffnung sein.
Mit meiner Glut brennt neu die Liebe
und das Vertrauen und der Friede."

Das Kind, mit reinem Herz und Sinn,
geht zu den anderen Kerzen hin,
entzündet sacht voll Hoffnung dann,
mit letzter Glut sie wieder an.
Da strahlte hell der Kerzen Schein
in viele Herzen tief hinein,
beendet Hader, Hass und Streit
rechtzeitig noch zur Weihnachtszeit.
Ein Licht voll Zuversicht und Friede.
Am hellsten aber strahlt die Liebe.

Aus dem bekannten Sujet habe ich mit meinen
Reimen dieses Adventsgedicht geschrieben.



  2. Der Engelsquerkopf

Es war Advent, Vorweihnachtszeit,
die Engel machten sich bereit,
in unsere Welt hinabzuschweben,
um Freude uns und Gottes Segen,
als Licht im Herzen zu entzünden,
dass wir versöhnt zusammen finden
und uns verstehen und verzeihen,
uns von dem Trennenden befreien.

Die großherzigen Engelscharen
waren hierfür all samt erfahren.
Nur einer, bockig und sehr stur,
hielt nichts von dieser Weihnachtstour.
"Die Menschen", sagte er verstört,
"haben noch nie auf uns gehört.
Ich seh' seit einer Ewigkeit
nichts als nur Feindschaft, Hass und Streit."

Und wirklich, was man da erblickte,
waren nur Kriege und Konflikte.
Fast überall auf dieser Welt
gierte man nur nach Macht und Geld
und um Besitztümer zu mehren,
gegen Begierden sich zu wehren.
Ist man nicht dienlich diesem Zwecke,
bleibt gnadenlos man auf der Strecke.

Am Heilig Abend war's soweit.
Im Dunkeln lag die Welt verschneit.
Die Engel mit dem edlen Sinn
schwebten heimlich zur Erde hin,
und wie die Schneeflocken, ganz sacht,
sank Frieden nieder in der Nacht.
Die Herzen öffneten sich weit
in dieser Nacht zur Weihnachtszeit.

Der Engelsquerkopf schlief derweil.
Ihn kümmerte kein Seelenheil.
"Die andern werden's schon erleben,
enttäuscht zurück zum Himmel schweben.
Denn Menschenherzen sind wie Stein,
wo soll da Nächstenliebe sein?
Ich hab's versucht, Gutes zu glauben!"
So dachte er und schloss die Augen.

War es der Sterne helles Funkeln
oder das Lichtlein drunt' im Dunkeln?
Vielleicht hat ihn auch das Gewissen
aus seinen Träumen jäh gerissen?
Der Querkopf war ganz plötzlich munter
und schaute auf die Welt hinunter.
Ein heller Punkt, noch winzig klein,
durchbrach die Nacht mit schwachem Schein.

Doch dann sah er, ganz hell und klar,
dass es das Licht der Engel war,
das wie ein Feuer übersprang,
mit Freude jedes Herz durchdrang.
Er sah selbst Feinde sich umarmen,
Geschenke gab es für die Armen.
Wer hungerte erhielt zu essen,
Hader und Streit schien fast vergessen.

Bald strahlte hell ein Lichtermeer,
und dieses Leuchten wurde mehr.
Ob schwarz, ob weiß, ob arm, ob reich,
als Mensch waren sie alle gleich,
erfüllt von Hoffnung und von Frieden,
bereit, den Nächsten auch zu lieben.
Und in der Winternacht erklangen,
Stimmen, die Weihnachtslieder sangen.

Da hat ihn tiefe Scham ergriffen,
hat er doch vor dem Dienst gekniffen.
Statt sich auf Wolken auszuruhn,
sollt er dort unten Gutes tun.
Auch er war Träger eines Lichts,
doch das bewirkt hier oben nichts.
Drum schwebte er, so schnell es ging,
hinunter zu den Menschen hin.

Und etwas heller ward's im Dunkeln,
ein weit'res Lichtlein sah man funkeln,
denn selbst der tiefsten finstren Nacht
fehlt über's kleinste Licht die Macht,
Es kann sogar, statt zu erblinden,
tausende Kerzen neu entzünden.
So auch wer hofft, vertraut und liebt,
die Finsternis der Welt besiegt.

Das Sujet dieses Gedichts beruht zum Teil auf
einer Erzählung von Frau Dr.Spilling-Nöker
(Der verspätete Engel) 



3. Noch heute ... wirst du...
Zum Karfreitag

Ein Dutzend Betten, Chaos pur,
auf einem langen Klinik-Flur.
Kaum Personal, wenig Gerät,
die Hilfe kommt oft viel zu spät.
Zum Glück liegt er in einem Raum,
er atmet schwer, Luft kriegt er kaum,
denkt an die Lieben, an daheim,
und würd' so gern bei ihnen sein.
Er fühlt sich einsam, isoliert,
gottlob wird er gleich intubiert.
Da schwirrt ein Wort durch's Hospital,
es heißt: "Triage" – Horror total.

Die Krankenschwester ist sehr nett,
sie richtet fürsorglich sein Bett,
befreit ihn vom Geräteschlauch -
und sieht die Angst. Da weint sie auch.
Denn seine Chance zu überleben,
war laut dem Arzt nicht mehr gegeben.
Ein Telefon liegt schon bereit
zum Abschied in die Ewigkeit.
Die Sonne sinkt in roter Glut,
es ist ganz still, der Kranke ruht,
hört nicht das Röcheln auf dem Flur.
Achtmal schlägt eine Kirchenuhr.

In seinen Raum fällt still herein
des Abends roter Widerschein,
der wie mit Blut die Wand bemalt
und seltsam düster jetzt erstrahlt.
Der Kranke fühlte in der Pein
sich nie im Leben so allein,
spürt, wie die Kräfte langsam schwinden,
sucht irgendwo noch Halt zu finden,
öffnet die Augen, blickt zur Wand
auf eine Stelle unverwandt,
nahm dort ein Kruzifix gewahr,
das er in Kirchen öfter sah.

Ein junger Mann, ans Kreuz geschlagen,
mit Schmerzen, kaum mehr zu ertragen,
hing da, mutterseelenallein,
dem Tode nah, in Höllenpein.
Und dessen Blick traf nun den Mann,
der beinah nicht mehr atmen kann,
ein Blick voll Liebe, der bald bricht,
ganz nah kam langsam das Gesicht,
kam immer näher zu ihm her
dich neben ihn war er nunmehr.
Er konnte ihn beinah berühren,
die Ängste des Gequälten spüren.

Er sah ihn voll Erbarmen an.
Das Blut die Stirn herunter rann,
mit Dornen war das Haupt gekrönt,
hilflos der Mensch, dazu verhöhnt.
Und doch war Hoheit ihm verliehen,
der seinen Schergen hat verziehen,
der feierlich herausgehoben,
hinauf gestellt am Kreuz dort oben,
in Höhen menschlich edler Größen,
um jeden von uns zu erlösen,
von einem endlich-irdisch Sein,
in ein geistiges Sein hinein.

Der Kranke schien, beim Anblick dessen,
das eig'ne Leiden zu vergessen.
Bislang, verloren irgendwo,
jetzt machte ihn, was folgte, froh:
Ihm war, als glaubte er zu sehn,
wie seine Liebsten bei ihm steh'n,
unter dem Kreuz auf Golgota,
es war'n die Kinder, Enkel da.
Und ihre Liebe, sie verschmolz,
mit dem Gekreuzigten am Holz.
Mit seiner Liebe im Geleit
empfahl er sich der Ewigkeit
und hörte, jetzt nicht mehr allein:
"Noch heute ... wirst du...bei mir sein."
Und einer sah denandern an,
und ihre Augen brachen dann.

Die Schwester, die ihn später fand,
an seinem Bett betroffen stand,
sah noch das Leuchten im Gesicht,
wie Freude; Trauer war es nicht.
Sein letzter Blick, bald wurd' ihr klar,
wohin dieser gerichtet war:
Er suchte Gott, den er auch fand,
beim Kruzifix dort an der Wand.
Denn das Mysterium Golgatha,
was vor so langer Zeit geschah,
ist nicht von jedem zu begreifen,
hierfür muss eine Seele reifen.
An niemand wird's vorüber geh'n,
ein jeder wird dort einmal stehn.





                                      
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